Mind Detoxing ist ja momentan der Hit. Bei uns Pfadfindern ist sowas schon länger angesagt, dafür gibt’s bei uns die Fahrt: Dem Alltag entfliehen. Zeit für die eigene Seele haben. Die Natur hautnah erleben. Abenteuer mit Freunden erleben, die zusammenschweißen. Manchmal hat man so eine Fahrt und einen Ausstieg aus dem Alltag einfach bitter nötig. Das nahmen fünf unserer R/R relativ spontan zum Anlass, Anfang Juni 2024 drei Tage durchs Dahner Felsenland zu ziehen.
Also wurden freitags nachmittags flugs die Schaffschuh gegen Wanderschuh getauscht und los ging’s nach Dahn. Relativ schnell kommt man da von uns aus hin, und die Landschaft ist wunderschön. Wir starteten vom Wanderparkplatz beim Büttelfels, von wo aus wir bei strahlendstem Abendsonnenschein auf dem Dahner Felsenpfad die ersten Anhöhen erklommen. Dieser Rundwanderweg macht seinem Namen alle Ehre, denn er führte uns schon direkt zu Beginn an tollen Sandsteinformationen vorbei, die im Abendlicht kupferfarben schimmerten. Das Mind Detoxing hatte begonnen. Zwei Kilometer wanderten wir etwa noch an diesem Abend, bevor wir auf einer kleinen Anhöhe im Wald unsere Kohte aufschlugen. Dank Josh, der einen Rucksack wie Hermines Handtasche dabei hatte, konnten wir noch ein ausgezeichnetes Abendessen und kalte (!) Getränke genießen. Der Abend klang in bester Gesellschaft aus mit Wein, Kiefernrauch gegen Stechmücken, Wein, Sternenhimmel und Wein.
So eine R/R-Fahrt ohne Pfadfinderstufe ist schon was anderes. Alles ist eingespielt, wurde schon hundertmal gemacht. Die Handgriffe sitzen, man braucht nicht lange zum Auf- und Abbau und muss auch nichts groß erklären. Deshalb konnten wir am nächsten Morgen nach einem typischen Fahrtenfrühstück mit Milchpulvermüsli (oder veganem Ersatzpulver) zeitig aufbrechen und für die nächste Tagesetappe auf den Dahner Rundwanderweg wechseln. Der führte erst mal wieder runter nach Dahn, wie es der Zufall wollte am Edeka vorbei. Dort vollbrachten wir gute Taten, räumten den Parkplatz auf und spendeten für einen guten Zweck. Wasser- und Weinvorräte mussten wieder aufgefüllt werden und weiter ging’s. Als großes Zwischenziel hatten wir heute das Burgenmassiv Altdahn auf dem Plan, doch die Burg zu erreichen, war gar nicht so einfach. Wir folgten dem „bequemen Weg“, so war er ausgeschildert. Und eine halbe Stunde später fragten wir uns, als wir wie die Bergziegen einen schmalen Trampelpfad zu einer weiteren Felsformation hoch kraxelten, wie dann wohl der unbequeme Weg aussehen müsste. Irgendwo hatten wir da wohl eine Abzweigung verpasst. Egal, der Weg ist das Ziel. Und irgendwann war über den richtigen Weg die Burg schnell in Sichtweite. Ein letzter steiler Anstieg und geschafft. Mittagspause machten wir selbstverständlich am höchsten Punkt, oben auf einem Burgplateau. Der Weg für die zweite Tageshälfte hielt weniger Anstiege und Felsen für uns parat, dafür aber den flachen, sandigen „Rentnerpfad“ — ja, der heißt echt so. Auf dem kamen wir wieder aus dem Wald in die Zivilisation. Außerdem gab’s noch leckeres Eis und einen erneuten Abstecher ins Edeka für uns, bevor wir uns wieder in Richtung Wald aufmachten, um bald schon nach einem Schlafplatz zu suchen.
Was zeichnet eigentlich einen guten Schlafplatz aus? Gut ist ein Plätzchen, das eben und geräumig genug für eine Kohte ist, gleichzeitig aber vor fremden Blicken geschützt. Noch besser wird es, wenn keine potenziellen Gefahrenquellen in der Nähe sind, wie tote Bäume oder steile Abhänge, die man im Dunklen versehentlich runterpurzeln könnte. Und perfekt wäre noch eine schöne Aussicht oder irgend etwas anderes Spannendes, das den Ort zu etwas Besonderem macht. Diese Aussicht fanden wir zwar nicht direkt am Schlafplatz, aber wir waren nur wenige Gehminuten entfernt vom Schwalbenfelsen, der uns auch nach Sonnenuntergang noch einen herrlichen Ausblick auf Dahn und einen perfekten Ort zum Tagesausklang bot.
Der dritte und letzte Tag brach an. Heute ging es ohne steile Anstiege weiter durch den felsigen Wald, bis zur Mittagsrast an der Hütte des Pfälzerwald-Vereins im Moosbachtal. Der Biergarten lud zum entspannten Verweilen ein, denn noch hatte niemand Lust, an die Heimreise und den Alltag zu denken. Letztendlich ließ sich der Aufbruch aber nicht weiter herauszögern und unsere geliehene Zeit zur Alltagsflucht neigte sich dem Ende zu.
Bald schon waren wir zurück an den Autos. Aber das Gefühl der Sonne im Gesicht und den Wind in den Haaren, die müden Beine, den Geruch der Kiefernnadeln, die Mückenstiche, das Rascheln des Laubes, das tiefe Gemeinschaftsgefühl, das alles nahmen wir mit nach Hause. Wir tauschten Isomatte gegen Matratze, Freiheit gegen Alltagstrott, Wanderschuh gegen Schaffschuh (und dazu eine Fußorthese plus Krücken). Aber wir wissen, dass wir jederzeit wieder aufbrechen und uns das alles zurückholen können.