Licht und Dunkelheit – Die Rückkehr des Sommers

Am Samstagmittag, bei strahlendem Sonnenschein, begann auf der Grimburg ein besonderes Abenteuer. Die Hexen riefen die älteste Stufe unseres Stammes – und 14 mutige Recken folgten ihrem Ruf.

Der Winter war hart und noch nicht vorbei, der Sommer schien fern. Die Kraft des alten Maikönigs schwand – und im Dorf wurden Nahrung und Geld knapp. Erste Familien litten Hunger. Als schließlich ein Dorfbewohner das Problem verärgert zur Sprache brachte, brach sich die Verzweiflung Bahn: Es ging ums nackte ÜBERLEBEN!

So angestachelt verfielen die Dorfbewohner in blinde Raserei. Im ersten Spiel – einem wilden Klammerraub – kämpfte jeder gegen jeden. Gier und Hass triumphierten.

Entsetzt über den Egoismus seines Volkes entflammte im Maikönig ein wilder Zorn. In seinem Hass sprach er mit der Kraft der Hexen einen Fluch aus – und wurde selbst davon getroffen.

Der Fluch der Hexen:
„Hört nun den Fluch, der eure Seelen bindet,
Die Sonne weicht und der Mond euch findet.
Durch Gier und Zorn das Gleichgewicht wankt,
Der König hat das Dunkel tief in euch erkannt.
Der Wolf erwacht, in euch er singt,
Sein Hunger euch in die Dunkelheit zwingt.
Im Düsterwald, wo Instinkt regiert,
Der Mensch sich tief im Schatten verliert.
Euer Körper schreit, das Tier erwacht,
Der Mond ruft euch, entfesselt die Macht.
Nur wer das Licht findet in finstrer Nacht,
Wird wieder zum Mensch durch Liebe entfacht.“

Die Dorfbewohner und der König selbst verwandelten sich in reißende Bestien: Werwölfe durchstreiften nun die Burg. Trotz allem ließ der Fluch ein Schlupfloch offen – und so begann die Heldenreise zurück zur Menschlichkeit.

Fünf uralte Elemente galt es zu meistern – jedes verknüpft mit einer inneren Tugend:

Erde – Halt und Stabilität

In einem Seilparcours galt es, festen Boden unter den Füßen zu behalten und den eigenen Weg durch ein Labyrinth zu ertasten. Nur wer wirklich geerdet war, konnte bestehen.

Luft – Weite und Geist

Verstreute Federn mussten entdeckt und geborgen werden – mit Einfallsreichtum und Teamarbeit. Danach schrieb jeder ein persönliches Lebensmotto auf, das in dunklen Zeiten Kraft spendete.

Wasser – Disziplin und Anpassung

Heilige Quellen mussten gefunden und ein Zaubertrank korrekt gemischt werden. Geduld und Genauigkeit waren gefragt – nur wer sich anpassen konnte, war dem Menschsein würdig.

Feuer – Verstand und Klarheit

Mit Karte und Kompass sollte die richtige Zauberformel gefunden und den Hexen ins Ohr geflüstert werden. Wer sich versprach, wurde mit einem Hexenbesen „bekehrt“ und musste bei einer brennenden Kerze auf seine Wiedergeburt warten. Danach galt es, Feuer zu entfachen, um die Kälte im Herzen zu vertreiben.

Das letzte Element blieb lange ein Rätsel.

Niemand fand einen Hinweis auf dem Gelände – selbst unter jedem Stein wurde gesucht. Erst als sich alle, erschöpft und neugierig, mit den bereits errungenen vier Elementen bei den Hexen versammelten, gaben diese den entscheidenden Hinweis: Das Rätsel um das fünfte Element trugen sie die ganze Zeit bei sich – in Form der Laufzettel. Nun galt es, mithilfe des Zauberwassers das Rätsel auf der Rückseite der Zettel sichtbar zu machen und die Hinweise in die richtige Reihenfolge zu bringen.

Sie ist stärker als Feuer, tiefer als Wasser, leichter als Luft und fester als die Erde. Lösung?

Erst als alle erkannten, dass sie durch ein fünftes Element längst verbunden waren – die Liebe – begann sich das Blatt zu wenden.

Das Herz des alten Königs schmolz, berührt vom gemeinsamen Erkennen und der wiederentdeckten Menschlichkeit seines Volkes. Mit der letzten Kraft seiner Regentschaft versuchte er, den Zauber umzukehren – entschlossen, alle vom Fluch zu erlösen, selbst wenn es ihn seine eigene Kraft kosten würde.

Doch seine Macht war geschwunden. Der Zauber reichte nur aus, um einen Teil seiner Geschöpfe zurückzuverwandeln. So lebten nun einige wieder als Menschen – während andere weiterhin als Wölfe durch die Schatten streiften.


Ein tragischer Irrtum schien unausweichlich: Alte Schriften legten nahe, dass nur durch einen Sieg der einen über die anderen der Sommer zurückkehren könne. So rüsteten sich Menschen und Werwölfe für ein letztes Gefecht – jeder in dem Glauben, das Richtige zu tun.

Im Kampf um die Sonnen- und Mondflaggen sollten Taktik, Teamgeist und gutes Timing entscheiden. Doch als beide Seiten in Stellung gingen, zerriss plötzlich gewaltiges Donnergrollen den Himmel. Wind peitschte, Regen prasselte, Hagel krachte herab – als würde selbst die Natur gegen diesen fatalen Weg aufbegehren.

Inmitten des Chaos erwies sich einer der Menschen mit seinem Team durch Schnelligkeit und kluge Strategie als Sieger. Ohne zu ahnen, was sein Sieg bedeuten würde, brachte er die Sonnenflagge ins Ziel – und wurde dadurch feierlich zum neuen Maikönig erwählt: Jannik I.

Daraufhin wurde ihm die Weisheit zuteil: Der Kampf war sinnlos. Der wahre Sieg lag nicht im Überwinden des Gegners, sondern in der Einsicht, dass der Kampf nie hätte stattfinden dürfen.

Doch die Erkenntnis blieb zunächst nur die seine. Beide Seiten kämpften weiter – bis schließlich auch die Werwölfe die Mondflagge ins Ziel brachten.

Ein Gleichstand? Ein Zeichen?

Als hätte das Schicksal selbst seine Hand im Spiel gehabt – nicht aus Zufall, sondern aus Notwendigkeit.
Denn das Gleichgewicht verlangte seine Wiederherstellung. Und keine Macht der Welt, kein Wille, kein Zorn konnte sich dieser Ordnung auf Dauer entziehen.

Nachdem beide Flaggen ihren Platz gefunden hatten, war das Ritual vollständig. Die Sonnenstrahlen des Maikönigs (in Form von Knicklichtern) und das Mondpulver der Wölfe (eine geheime Zutat) wurden von den zwei fähigen Hexen im Kessel vereint.

Nun musste das Licht im Dunkeln gefunden werden. Wer, wenn nicht die Werwölfe, konnte durch den Schatten wandeln?

Die heldenhaften Wolfsmenschen schlossen die Augen und stellten sich ihren inneren Schatten – ihren Ängsten, Zweifeln und Unsicherheiten. Einer nach dem anderen trat vor den blubbernden Kessel, in dem sich Licht und Dunkelheit zugleich verborgen hielten. Sie griffen blind hinein – ohne zu wissen, was sie erwartete, ohne eine klare Vorstellung davon, was sie überhaupt suchen sollten. Es war ein Akt des Vertrauens. Ein Sprung ins Ungewisse.

Würden sie das Licht in der Dunkelheit finden? So vieles hing davon ab.

Doch sie waren nicht allein: Ihre Freunde, die Menschen, standen hinter ihnen, riefen ihnen Mut zu, hielten die Verbindung. Und tatsächlich – einer nach dem anderen fand in der Tiefe das Licht und kehrte, durch Liebe verwandelt, in seine menschliche Gestalt zurück.

Vor lauter Stolz über die Menschlichkeit und Güte seines Volkes entfachte der Maikönig – trotz schwierigster Umstände – ein loderndes Feuer und vertrieb damit Nässe und Kälte. Nun sollte es niemandem mehr an Wärme, Nahrung, Trank und Musik fehlen. Beim abschließenden Fest um das Maifeuer wurde das Licht gefeiert – in echter Gemeinschaft.

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